Mobbing und Bossing - was nun ?

 

Mobbing ist eine sehr alte Form des Konflikts. Mobbing bedeutet nichts anderes als Anpöbeln, und doch unterscheidet es sich vom langläufigen Konflikt. Obwohl Mobbing und dessen negative Folgen für das Opfer, die bis hin zum Selbstmord reichen, ist die Definition noch immer unterschiedlich, sowie auch z.B. die Beurteilung der Gerichte. Mobbing ist ein Prozess konfliktbelasteter Kommunikation am Arbeitsplatz, der sowohl zwischen Kollegen als auch zwischen Vorgesetzten und den Untergebenen stattfindet. In ca. 50% der Mobbingfälle - so der Mobbingbericht der Bundesregierung - sind Vorgesetzte an Mobbing beteiligt.
Mobbing am Arbeitsplatz hat für die Betroffenen oft erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit: Bluthochdruck, Herzschmerzen, Magen- und Darmentzündungen, Geschwüre, Muskelverspannung, Körperfehlhaltung, Krankheiten, wie z.B. stressbedingte chronische und psychiatrische Erkrankungen. Mobbing ist psychische Aggression gegen eine Person. Diese dauert mindestens einige Monate an und kehrt regelmäßig wieder. In mehr oder weniger großen Abständen werden Sticheleien verabreicht, die eine noch so stabile Persönlichkeit zerstören kann. Es sind immer Angriffe mit System, die feindselig sind. Der Gemobbte wird sich bei den Vorgesetzten beschweren, was ihn, je nach Heftigkeit und Dauer in negativer Weise auffällig macht und zum Querulanten abstempeln kann.
Das Opfer ist in der Regel unterlegen und soll aus seinem Arbeitsverhältnis herausgedrängt werden, nach dem einfachen Muster "Person weg - Problem weg".

Bossing
Drangsalieren Chefs oder Vorgesetzte ihre Mitarbeiter, sprechen die Forscher von "Bossing" - eine sehr deutsche Mobbing-Variante, Folge der strengen Hierarchien in den Unternehmen.
Die Ursache ist, dass Vorgesetzte oft Persönlichkeitsprobleme haben. Nach einer Studie sollen 70 Prozent der deutschen Führungskräfte neurotisch gestört sein. "Sie schikanieren ihre Untergebenen aus Mangel an Selbstbewusstsein. Sie fühlen sich von starken Mitarbeitern bedroht." Bossing-Opfer sind in der Regel keine Drückeberger oder Faulpelze, sie sind fleißig und kreativ. Führungskräfte und Kollegen fühlen sich dadurch bedroht. Auch Umstrukturierungen und ein mieses Betriebsklima führt zum Bossing. Die Opfer sind quasi die ausgewählten Sündenböcke und Blitzableiter für den Frust von Chefs und Kollegen. Nachfragen zu Arbeitsabläufen können ebenfalls zum Bossing führen.
Leider ist es auch der Öffentliche Dienst mit seiner hierarischen Struktur, der es den Tätern immer wieder leicht macht, neue Opfer zu terrorisieren, da dort die Beschaffung von Gründen aus Sicht der Dienststellenleitung rechtlich abgesichert scheint. Arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen MitarbeiterInnen werden gerne in Anspruch genommen, damit wird dann bezweckt, die nervliche und damit gesundheitliche Zermürbung des Opfers als Zweckerreichung einer Kündigung des Opfers (Druckkündigung) zu erreichen. Hinzu kommen dann auch noch Anweisungen, Schikanen, Unterstellungen und Demütigungen auf Zersetzung der Persönlichkeit des Opfers. Laut Thüringer Urteil verletzt dieser Psychoterror nicht nur die Menschenwürde, sondern berührt auch die Grenze zur strafbaren Körperverletzung.

Warum wird gemobbt?
Gemobbt wird aus den verschiedensten Gründen: Frustration, Langeweile, Druck, Missgunst, Besitzstandswahrung, Intoleranz, Angst um den Arbeitsplatz u.ä. In der Regel stimmt in Betrieben, in denen gemobbt wird,  grundsätzlich mit dem Betriebsklima etwas  nicht. Mit den Mobbern zu reden ist meistens sinnlos, weil ihnen die Tragweite ihres Verhaltens nicht bewusst ist. Sie bewerten ihr Verhalten als fair; eine offene Auseinandersetzung ist ihnen zu riskant. Sie haben keine moralischen Bedenken, es stehen nur ihre eigenen Interessen im Vordergrund. Sie fühlen sich durch das Opfer gefährdet oder beeinträchtigt und versuchen von ihrem eigenen Unvermögen abzulenken.

Hier einige allgemeine Hinweise, wie man eine örtliche Anlaufstelle ausfindig machen kann:
Gewerkschaftsmitglieder sollten sich zunächst an die Verwaltungsstelle / Ortsverwaltung ihrer Gewerkschaft wenden, sofern Sie Mitglied sind. Allerdings wird selbst bei den Gewerkschaften Mobbing nicht immer als ein Problem angesehen, jedenfalls wird dies häufig von Betroffene berichtet. Da ist es sicher eine Überlegung Wert, ob eine Rechtschutzversicherung nicht ggf. eher einen Rechtsschutz bietet, zumal diese kostengünstiger sein kann als die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft.
Weitere gute Anlaufstelle sind die Ortsniederlassungen der Krankenkassen. Es lohnt sich oft, nicht nur bei derjenigen, bei der man selber versichert ist, sondern auch bei anderen nachzufragen.
Bei psychischen oder psychosomatischen Beschwerden aufgrund von Mobbing sollte frühzeitig der Hausarzt / die Hausärztin zu Rate gezogen werden.
Wenn Sie merken, dass Sie rausgeekelt werden sollen, nehmen Sie Kontakt mit einem Anwalt auf, der sich im Arbeitsrecht, insbesondere im Spezialgebiet Mobbing, auskennt. 

Warum trifft Mobbing häufig die Starken?
Viele fragen sich, warum trifft Mobbing ausgerechnet mich?, was mache ich verkehrt, warum ziehe ich diese Form des Quälens auf mich? Marie-France Hirigoyen, französische Psychoanalytikerin, definiert den Begriff Mobbing so:

Unter Mobbing am Arbeitsplatz ist jede Verhaltensweise zu verstehen, die durch das bewusste Überschreiten von Grenzen“ in Benehmen, Handlungen, Gesten, mündlichen oder schriftlichen Äußerungen die Persönlichkeit, die Würde oder die physische bzw. psychische Unversehrtheit einer Person beeinträchtigen, deren Anstellung gefährden oder das Arbeitsklima verschlechtern kann.
Entgegen landläufiger Meinung sind die Betroffenen keineswegs schwache, häufig kranke oder inkompetente Persönlichkeiten.
Im Gegenteil: Gerade die Fähigkeiten, Repressalien zu widerstehen, Autorität Widerstand zu leisten oder peinlich genau zu arbeiten und ein Immer-zur-Stelle-sein zeichnen die Opfer von Mobbing überproportional häufig aus.
Erst der Prozess des Quälens lässt diese Menschen auf eine Art und Weise reagieren, die im Nachhinein die Sicht des Aggressors bestätigen. Bricht die gequälte Person etwa in Tränen aus oder kommt es zu einem Ausbruch des Zorns, so kann der Täter zufrieden sagen: Na bitte, ich hab´s doch immer gewusst, dass der verrückt ist.... So wird der Persönlichkeit angelastet, was erst als Folge des Mobbings entsteht und der Gemobbte wird zu dem, was der Mobbende aus ihm machen will. Ein besonderer Hinweis: Mobbing beschränkt sich nicht auf den Arbeitsplatz. Auch im Privatleben sind solche zerstörerischen Strukturen zu finden.

Wo wird gemobbt?

  • in Behörden
  • in Unternehmen
  • in Schulklassen
  • in Vereine und anderen Organisationen
  • im Internet (Foren)
  • in Pflegeheimen
  • in Krankenhäusern
  • in Kindergärten
  • usw.

Liste der Mobbing-Handlungen nach Leymann
Angriffe auf die Möglichkeit, sich zu äußern
1. Der Vorgesetzte schränkt die Möglichkeit ein, sich zu äußern
2. Man wird ständig unterbrochen
3. Kollegen schränken die Möglichkeit ein, sich zu äußern
4. Anschreien oder lautes Schimpfen
5. Ständige Kritik an der Arbeit
6. Ständige Kritik am Privatleben
7. Telefonterror
8. Mündliche Drohungen
9. Schriftliche Drohungen
10. Kontaktverweigerung durch abwertende Blicke oder Gesten
11. Kontaktverweigerung durch Andeutungen, ohne daß man etwas direkt ausspricht

Angriffe auf die sozialen Beziehungen
12. Man spricht nicht mehr mit den Betroffenen
13. Man läßt sich nicht ansprechen
14. Versetzung in einen Raum weitab von Kollegen
15. Den Arbeitskollegen/innen wird verboten, den/die Betroffene/n anzusprechen
16. Man wird wie Luft behandelt

Angriffe auf das soziale Ansehen
17. Hinter dem Rücken des/der Betroffenen wird schlecht über ihn/sie gesprochen
18. Man verbreitet Gerüchte
19. Man macht jemanden lächerlich
20. Man verdächtigt jemanden, psychisch krank zu sein
21. Man will jemanden zu einer psychiatrischen Behandlung zwingen
22. Man macht sich über eine Behinderung lustig
23. Man imitiert den Gang, die Stimme oder Gesten, um jemanden lächerlich zu machen
24. Man greift die politische oder religiöse Einstellung an
25. Man macht sich über das Privatleben lustig
26. Man macht sich über die Nationalität lustig
27. Man zwingt jemanden, Arbeiten auszuführen, die das Selbstbewußtsein verletzen
28. Man beurteilt den Arbeitseinsatz in falscher und kränkender Weise
29. Man stellt Entscheidungen des/der Betroffenen in Frage
30. Man ruft ihm/ihr obszöne Schimpfworte oder andere entwürdigende Ausdrücke nach
31. Sexuelle Annäherungen oder verbale sexuelle Angebote

Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation
32. Man weist dem/der Betroffenen keine Arbeitsaufgaben zu
33. Man nimmt ihm/ihr jede Beschäftigung am Arbeitsplatz, so daß er/sie sich nicht einmal selbst Aufgaben ausdenken kann
34. Man gibt ihm/ihr sinnlose Arbeitsaufgaben
35. Man gibt ihm/ihr Aufgaben weit unter seinem/ihrem eigentlichen Können
36. Man gibt ihm/ihr ständig neue Arbeiten
37. Man gibt ihm/ihr ‘kränkende’ Arbeitsaufgaben
38. Man gibt dem/der Betroffenen Arbeitsaufgaben, die seine/ihre Qualifikation übersteigen, um ihn/sie zu diskreditieren

Angriffe auf die Gesundheit
39. Zwang zu gesundheitsschädlichen Arbeiten
40. Androhung körperlicher Gewalt
41. Anwendung leichter Gewalt, zum Beispiel um jemanden einen Denkzettel zu verpassen
42. Körperliche Mißhandlung
43. Man verursacht Kosten für den/die Betroffene/n, um ihn/ihr zu schaden
44. Man richtet physischen Schaden im Heim oder am Arbeitsplatz des/der Betroffenen an
45. Sexuelle Handgreiflichkeiten

© by www.mobbing-web.de